Los Angeles

RIZE magazine

DER BILDCHÖPFER AUS BOGOTÁ!

by: Alex Gernandt, Sabine Hofmann, july 2017 (Munich)

Vom einflussreichen Modefotografen zum gefragten Star der internationalen Kunstszene! Diese Entwicklung hat der gebürtig Kolumbianer EFREN ISAZA (41) gemacht, zu dessen Lieblings-objekten grazile Frauenkörper gehören! Seine Bilder bearbeitet und verfeinert der ehemalige Modedesign-Student in Bogotá mit Farbe, Graphit, Kreide, Kleber, Tape und anderen unkonventionellen Materialien. Ein ganzes Arsenal von Stilen wird in seinen Bildschöpfungen zitiert, verfremdet und zu neuen Kompositionen verschmolzen. Menschen, Zeichnungen, Gedichte oder manchmal nur ein Blütenblatt regen ihn zu seinen Inszenierungen an. Es geht Isaza um das Spiel mit Kontrasten, um Magie und Emotionen, mal düster, mal heiter, mal surreal und immer verführerisch. Seine einzigartigen Kunstwerke - ein eigenwilliger Mix aus Fotografie, Gemälde, Zeichnung und Skulptur - sind bei LUMAS und in Galerien in aller Welt zu bestaunen. In RIZE stellt sich Efren Isaza Ihnen persönlich vor..

"MEINE ARBEITENSOLLEN SPUREN AUFZEIGEN & HINTER LASSEN"

RIZE: Herr Isaza, Sie sind längst ein renommierter Künstler, der weltweit ausstellt. Wo liegen Ihre Ursprünge? Und wie kamen Sie erstmals mit Kunst in Berührung?

Efren Isaza: lch wurde in Antioquia im Nordwesten Kolumbiens geboren und bin auch dort aufgewachsen. Eine relativ ruhige Gegend. Ich hatte dort eine ziemlich glückliche Kindheit und Jugend, war immer viel in der Natur unterwegs, allerdings auch oft allein. Ich war wohl das, was man einen Einzelgänger nennt. Ich habe aber auch gern Zeit mit meinen Brüdern und Schwestern verbracht und schon im Alter von fünf Jahren mein Interesse am Malen entdeckt, an Bildern und an allem, was irgendwie mit Kunst zu tun hat. Meine Großmutter väterlicherseits hat mir beigebracht, wie man Landschaften zeichnet mit Bleistift. Das hat mich fasziniert. Mein älterer Bruder konnte auch sehr gut zeichnen, ich habe ihm oft dabei zugesehen. Später nahm ich dann professionellen Zeichenunterricht.

Waren Ihre Eltern den kunstinteressiert?

Bei uns Zuhause hingen gerahmte Zeichnungen meiner Brüder an der Wand, aber auch jede Menge religiöser Kunst, Heiligenbilder. Wir sind katholisch und wurden so erzogen. Meine Mutter war immer auch sehr modeinteressiert. Sie nähte uns Kindern Klamotten, die zum Teil ziemlich unkonventionell aussahen (lacht). Kleidung, die nicht nur praktisch war, sondern eben auch eine originelle Optik hatte.

Wie sind Sie dann zur Fotografie, zur Kunst gekommen?

Ich wollte immer Maler werden und war neugierig auf Kunst. Schließlich habe ich Textildesign, Graphikdesign und Modedesign studiert. Zu letzterem wurde ich sicher durch meine Mutter inspiriert. Weil ich damals alle meine Designs fürs Archiv abfotografieren musste, landete ich bei der Modefotografie. Und die ließ mich so schnell nicht mehr los. Fotografie ist für mich eine großartige Form künstlerischen Ausdrucks.

Sie haben dann angefangen, als Fotograf für Hochglanz-Magazine zu arbeiten...

Ja, für führende kolumbianische Modemagazine wie Fucsia, Infashion oder Estetika. Meine Fotos waren auch in Vogue Mexiko, Vogue Latin America und im Ocean Drive Magazine in Miami, Florida zu sehen. Das war alles kommerzielle Fotografie und hatte noch nichts mit wirklicher Kunst zu tun.

Wann haben Sie dann Fotografie mit Kunst kombiniert?

Im Jahr 2003 habe ich angefangen, meine Fotos digital zu bearbeiten und zu verfremden, das waren erste Experimente. Dabei kam mir die Idee, verschiedene Stilrichtungen zu mixen - und zwar nicht digital, sondern analog. Fotografie, Zeichnungen, Malereien, Kollagen. Meine Arbeit soll Spuren aufzeigen und hinterlassen. Man soll nicht nur das Foto sehen, sondern auch den Pinselstrich, einen Fußabdruck usw. Ich will mit meiner Kunst Grenzen verwischen. Es dauerte vier Jahre, bis 2007, bis ich begann meine Experimente auch öffentlich zu zeigen.

Wie würden Sie Ihren Stil beschreiben?

Körper standen bei mir immer im Mittelpunkt meines Interesses. Der menschliche Körper als Ort mit verschiedenen Referenzen, sozial, kulturell, spirituell. Der Körper als Platz, an dem das Leben Spuren hinterlässt. Mich interessiert die komplexe Beziehung des Menschen zu seinem Körper. Die Verletzlichkeit und auch die Manipulation des Körpers, hervorgerufen durch gewisse Codes ästhetischer Vorstellungen der Gesellschaft und die psychologische und spirituelle Motivation, die dahinter steckt. Ich erzeuge mit meinen Bilder eine perfekte Illusion und eine Spannung zwischen dem Realen und dem Hyperrealen.

Haben Sie ein Lieblingswerk?

Ich kann mich nicht für eines entscheiden. Aber ich habe eh eine seltsame Beziehung zu meiner eigenen künstlerischen Arbeit. Während der Entstehung eines Werkes brenne ich förmlich dafür, gebe alles. Aber sobald es fertig ist, distanziere ich mich innerlich und begebe mich schon wieder auf die Suche nach einer neuen Herausforderung. Ich kann loslassen,

Sie haben eine besondere Beziehung zu Europa, nicht wahr?

Absolut. Als ich das erste Mal von Südamerika nach Europa reiste, bin ich gleich ein ganzes Jahr geblieben! Die meiste Zeit habe ich in Museen verbracht, mir unzählige Ausstellungen angesehen. Diese Reise hat mich ungemein beeinflusst. Die École de Paris, modern französische Avantgarde, die Farben des Fauvismus, etwa Matisse, Derain, de Vlaminck, aber auch deutsche Expressionisten wie Kirchner, Macke, Schiele, Kokoschka – sie alle haben mich sehr inspiriert. Diese Einflüsse vermischen sich bei mir mit der südamerikanischen Kultur und Tradition, die mir angeboren ist.

Was sagt Ihnen München?

Ich weiß gar nicht so genau, wo meine Liebe und Bewunderung für diese Stadt herkommt. Jedes Mal, wenn ich zu Besuch bin, fühle ich mich gleich connected, irgendwie heimisch. Die Stadt, die Landschaft, die Menschen, die Kultur. All das fasziniert mich zutiefst. Architektonisch besonders die Bauten vom Anfang des 20. Jahrhunderts, mit ihrer dominanten Ästhetik, ja Eleganz. Ich hoffe, ganz bald wieder hierher zu kommen was meine Kunst betrifft.